Das Barber-Ljaschtschenko-Abkommen 1945

Nach dem Kriegsende am 8. Mai 1945 übernahmen die Besatzungsmächte die oberste Regierungsgewalt in Deutschland. Das verbliebene Reichsgebiet wurde in Besatzungszonen aufgeteilt. Im Norden grenzte die britische Besatzungszone mit Schleswig-Holstein an die sowjetische Besatzungszone mit Mecklenburg und Vorpommern.

Am 13. November unterschieben die beiden Generäle Collin Muir Barber (1897-1964) und Nikolai G. Ljaschtschenko (1910-2000) in Gadebusch eine Vereinbarung über den Gebietsaustausch zwischen beiden Besatzungszonen im Norden. In der auf Initiative der Briten unterzeichneten Vereinbarung wurden drei Austauschgebiete definiert. Die Briten übergaben die lauenburgischen Gebiete A (Dechow und Groß Thurow) und B (Gemeinde Lassahn) an die sowjetische Besatzungsmacht und umgekehrt wechselte das mecklenburgische Gebiet X (Kalkhütte, Römnitz, Bäk, Mechow und Ziethen) von der sowjetischen in die britische Besatzungszone. Über 7.000 ha und mehrere tausend Einwohner waren vom Gebietsaustausch betroffen.

Gutshaus Groß Thurow I Foto: Stiftung Mecklenburg, Inv.-Nr. 1988/90/201
Grenzzwischenfall bei Wietingsbek, 1952, Sammlung Wolfgang Fiedler, Stadtarchiv Ratzeburg.
Passierschein für Landessuperintendenten Hans Matthießen zum Abschiedsgottesdienst in Lassahn, 1945, Archiv des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg.
Passierschein für Landessuperintendenten Hans Matthießen zum Abschiedsgottesdienst in Lassahn, 1945, Archiv des Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg.

Während die Rote Armee die Einwohner im Gebiet X nicht informierten und einfach abzogen, hatten sich die Briten mit einem detaillierten Maßnahmeplan auf den Gebietsaustausch vorbereitet. Sie beauftragten den Landrat des Kreises Herzogtum Lauenburg mit der Evakuierung von Getreide, Vieh, Maschinen und Menschen aus den lauenburgischen Dörfern östlich vom Schaalsee. Die Einwohner müssen sich entscheiden, bleiben oder gehen. Wer bleiben will, darf jeweils nur ein Stück Vieh, einen Pflug und andere Arbeitsgeräte sowie Lebensmittelvorräte für 30 Tage behalten. Diese Auflage und die große Angst vor den Russen waren die Ursachen dafür, dass nahezu alle Einwohner den abziehenden Briten folgten und versuchten, im Herzogtum Lauenburg eine Unterkunft und einen neuen Lebensunterhalt zu finden. Am 28. November war die Evakuierung abgeschlossen, leere Dörfer östlich vom Schaalsee blieben zurück.

Das übergebene mecklenburgische Territorium wurde in das Land Schleswig-Holstein integriert und die lauenburgischen Dörfer östlich vom Schaalsee in das Land Mecklenburg. Was damals keiner erwartete – aus der Demarkationslinie entwickelte sich die innerdeutsche Grenze. In die leeren Dörfer zogen Flüchtlinge aus dem Osten und fanden eine neue Heimat. Nicht geklärt war der genaue Verlauf der Grenzlinie und so kam es Ende Juli 1952 zu einem Grenzkonflikt bei Wietingsbek. Auch die Zugehörigkeit der Kirchgemeinden war neu zu klären. Den Umgang mit dem Bodenreformland, das durch den Gebietsaustausch in den Westen gelangte, mussten Gerichte entscheiden. Mit der deutschen Einheit stellten sich manche Fragen neu: Eigentumsrechte, Landeszugehörigkeit oder Kirchenverwaltung. Doch nach 45 Jahren wollte die Mehrheit, dass die Verwaltungsgrenze so blieb, wie sie in den letzten Jahrzehnten gelebt wurde – nur eben durchlässig und verbindend.

Dr. Andreas Wagner, Leiter Grenzhus Schlagsdorf, 2022

 


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